Rettung der Bockwindmühle in Wanzer 
            
            Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, 
              Ernährung und Landwirtschaft rief im Jahre 2001 das Projekt 
              "Regionalberatung" mit Sitz in Iden ins Leben. Das Projekt 
              hatte zum Ziel, die ländliche Entwicklung durch die Regionalberatung 
              zu sichern. 
            Da der Bevölkerungsrückgang im Landkreis 
              Stendal besonders auffällig war, wurde die strukturschwache 
              Region bewußt ausgewählt. Die Regionalberatung wollte 
              viele Initiativen voran bringen, um nach Ablauf des 2-jährigen 
              Projektes ein positives Fazit ziehen zu können. Als Projektleiter 
              wurde Friedrich-Wilhelm Gille aus Wiepke eingesetzt. Er stellte 
              Kontakte zu den Bürgermeistern der Region her und ermutigte 
              diese sich für die Erhaltung vorhandener historischer Bauwerke 
              einzusetzen. Er selbst hatte in Wiepke bei Gardelegen auch schon 
              einen Mühlenverein gegründet. So kam es, dass er auch 
              den Bürgermeister der Gemeinde Wanzer, Jonny Buck, ansprach 
              die Bockwindmühle in Wanzer über dieses Projekt zu retten. 
              Kurzerhand rief Herr Buck seinen Gemeinderat zusammen und besprach 
              das Vorhaben.Der Gemeinderat war, obwohl Fördermittel fließen 
              sollten, nicht so begeistert- das Unternehmen ist für die kleine 
              Gemeinde Wanzer eine Nummer zu groß- so waren die Meinungen 
              der Ratsmitglieder. Aber Jonny Buck ließ sich nicht entmutigen 
              und gab zu bedenken, dass dies vielleicht die letzte Chance für 
              die marode Mühle sei. Nach dieser Überlegung stimmten 
              auch die letzten Zweifler der Rettung der Bockwindmühle zu. 
              Jetzt stand ganz viel Arbeit an! Es mußte ein Mühlenverein 
              gegründet werden und der Verein brauchte auch einen arbeitsfähigen 
              Vorstand. Wen könnte man bloß für den Vorstand gewinnen? 
              Gabi Buck, der Frau des Bürgermeisters, fiel da sofort Hartmut 
              Neumann ein- ein Architekt aus Pinneberg-, der sich 1991 ein kleines 
              Häuschen in Wanzer gekauft hatte, um sich an den Wochenenden 
              bzw. in den Ferien hier zu entspannen. Er hatte sich schon sehr 
              im Ort engagiert, so z.B. hatte er schon das Feuerwehrhaus projektiert. 
              Wenn sich ein arbeitsfähiges Gremium findet, so Hartmut Neumann, 
              dann sage auch er seine Mitarbeit zu, denn auch er fand den Zustand 
              der Mühle äußerst bedauernswert, aber veränderbar. 
              Am 30.09.2001 fand dann die Gründungsversammlung des Mühlen-und 
              Heimatvereins Garbe e.V. statt. Der Namenszusatz "Heimatverein 
              Garbe" - so heißt nämlich ein reizvolles Naturschutzgebiet 
              bei Wanzer, Pollitz und Aulosen- wurde gewählt, um das Wirken 
              des Vereins nicht auf Wanzer zu beschränken, denn die Bezeichnung 
              "Garbe" verbindet die Menschen hier. Bei der Gründungsversammlung 
              schrieben sich gleich 31 Interessenten als Vereinsmitglieder ein. 
              In den Vorstand wurden 4 Vereinsmitglieder gewählt. Es sind 
              dies der 1.Vorsitzende Hartmut Neumann und sein Stellvertreter Jonny 
              Buck. Man brauchte im Vorstand aber auch jemanden der sich um die 
              leidigen Finanzen kümmert. Dafür konnte Rosemarie Neumann 
              (ehemals Bürgermeisterin der Gemeinde Aulosen) gewonnen werden. 
              Zum Schriftführer wurde der Hamburger Bernd Kloss gewählt. 
              Auch er hat sich in Wanzer ein altes Haus ausgebaut und kommt an 
              den Wochenenden bzw. in den Ferien hierher. In offener Abstimmung 
              wurden die Vereinsmitglieder Rüdiger Kloth aus Aulosen und 
              Dieter Spillner aus Pollitz als Rechnungsprüfer gewählt. 
              Jetzt konnte die Arbeit so richtig beginnen! Doch 
              bald wäre das ganze Vorhaben ins Wasser gefallen. Es hätte 
              dann einen Mühlenverein ohne Mühle gegeben. Und das kam 
              so. Nachdem der Verein nun gegründet war machten sich die Vorstandsmitglieder 
              auf den Weg zum Landratsamt nach Stendal. Sie wollten in Erfahrung 
              bringen, ob es seitens der Behörden Einwände zum Mühlenaufbau 
              gäbe. Dort erfuhren sie dann, dass es schon eine Anfrage zum 
              Aufbau dieser Mühle gab. Nun war Eile geboten. Die Vorstandsmitglieder 
              suchten die nächste Gaststätte auf und beratschlagten 
              die weitere Vorgehensweise. Es wurde sofort der Mühlenbesitzer 
              im Rheinland angerufen und der Mühlenkauf perfekt gemacht. 
              Per Fax ließ man sich bestätigen, dass die Mühle 
              für 4.500 DM an den neugegründeten Verein verkauft wird. 
              Da dem Verein aber noch kein Geld zur Verfügung stand, schoß 
              Hartmut Neumann dieses Geld erst einmal vor. Damit war dann auch 
              diese Hürde genommen. Nun helfen viele Mühlenfreunde aus 
              einer Mühlenruine eine voll funktionsfähige Mühle 
              wieder erstehen zu lassen. Um ein solches Projekt, dessen Bedeutung 
              für die Region als zusätzliche Attraktion nicht unterschätzt 
              werden darf, durchzuführen benötigt es visionärer 
              Vorstellung und eines konsequenten Durchsetzungsvermögens. 
              Mühlen stellen eine harmonische Verbindung zwischen Natur und 
              Technik her. Sie waren für die Energiegewinnung unabdingbar 
              und bildeten das Kernstück technischen Fortschritts. Mühlen 
              sind ein Ort der Auseinandersetzung mit Geschichte und Natur. Noch 
              vor gar nicht langer Zeit sind historische Mühlen verfallen, 
              untergegangen, und viele hatten geglaubt, dass dies so richtig ist. 
              Neue, bessere Kraftquellen könnten mehr bewirken meinte man. 
              Dass damit die Zeitzeugen einer Jahrtausende langen Geschichte der 
              umweltfreundlichen Energieerzeugung im Einklang mit der Natur verloren 
              gingen, die einstige Mühsal der Umwandlung von Korn zu Mehl 
              und der Schweiß der Arbeit von Generationen von Müllern 
              nicht mehr nachvollziehbar gemacht würde, dies ist wohl dabei 
              nicht bedacht worden. Auch als Ort der Auseinandersetzung mit den 
              Naturgewalten ist die Mühle von großer Bedeutung. Die 
              Menschen neigen dazu, gegen Naturgewalten Wälle aufzubauen. 
              Mühlen hingegen sind ein Symbol dafür, wie man sich in 
              Naturkräfte einbinden und sie sich damit dienlich machen kann. 
              Zudem sind Mühlen immer ein Ort der Kommunikation gewesen, 
              eine Nachrichtenbörse in der Zeit vor den heutigen Massenmedien. 
              Gerade diese Funktion könnten Mühlen heute wieder zurückgewinnen. 
              Mühlen als Teil der dörflichen und regionalen Geschichte 
              erwecken bei Menschen positive Gefühle und fügen sich 
              bereichernd in die Landschaft ein, sie sind neben den Kirchen die 
              "Gestalten der Landschaft". Das Verhältnis der ländlichen 
              Bevölkerung zur Heimatgeschichte spiegelt sich im Umgang mit 
              den Mühlen wieder. Bodenständigkeit und Heimatverbundenheit 
              sind Ausdruck einer warmherzigen Beziehung zur Heimat und kennzeichnen 
              frühere Generationen. Wir müssen versuchen junge Menschen 
              für die Mühlenerhaltung zu engagieren, ihnen in einer 
              veränderten Welt den Blick für Schönes zu öffnen, 
              auch für die Vergangenheit. Den Generationswechsel auch in 
              der Mühlenerhaltung hinzukriegen, dies muß eine vordringliche 
              Aufgabe sein. Bei der Erhaltung der Mühlen geht es nicht um 
              die Befriedigung der Interessen einiger Technikbegeisterter, sondern 
              um die Wahrung und Pflege der Kulturlandschaft, zu der in ganz besonderem 
              Maße auch die Baudenkmale wie Mühlen gehören. Das 
              Mühlensterben hält weiterhin an, deshalb darf im Bemühen 
              um Mühlenkunde und Mühlenerhaltung keineswegs nachgelassen 
              werden. Eines der wichtigsten Anliegen ist es, die Achtung der heutigen 
              Generation vor dem hohen technischen Verstand und dem handwerklichen 
              Können unserer Vorfahren zu entwickeln, um auf dieser Basis 
              für das Verständnis für die Pflege und Unterhaltung 
              der Mühlen zu werben. Die Mühlen gewinnen ihre uralte 
              sozialgeschichtliche Funktion als Begegnungsstätte wieder, 
              nachdem sie ihre versorgungstechnische Aufgabe eingebüßt 
              haben. Der Verein hat eine überaus positive Resonanz in der 
              Region gefunden. 
            Viele Menschen haben bisher mit Spenden zum Erhalt 
              der Mühle beigetragen. Der Verein hat eine Aktion "Bausteine 
              für die Bockwindmühle" aufgelegt. Die Spender erhalten 
              einen namentlich gekennzeichneten Baustein im Fundament der Mühle. 
              Auf den Dorffesten der Region sind Infostände des Mühlenvereins 
              fester Bestandteil. Die örtliche Presse verfolgt all die Bemühungen 
              mit deutlicher Sympatie und hat nicht unwesentlich zum Bekanntheitsgrad 
              und zum guten Besuch der Veranstaltungen beigetragen. Der MDR produziert 
              eine den Mühlenaufbau begleitende Fernsehsendung. Hier werden 
              die einzelnen Schritte des Mühlenaufbaus dokumentiert. Die 
              Entwicklung des Mühlen- und Heimatvereins in Wanzer wirkt sich 
              offenbar motivierend auf andere Vorhaben des Territoriums aus. Aus 
              dem Mühlenverein heraus ist die Initiative erwachsen, die plattdeutsche 
              Sprache wieder mehr zu pflegen. "We snackt 
              platt" heißt es einmal im Monat. Ein Teil der Mitglieder 
              des Vereins haben eine Interessengemeinschaft "Friedhof Wanzer" 
              gebildet. Sie erarbeiteten eine Friedhofssatzung, 
              haben Wege angelegt, Wildwuchs entfernt und die ältesten Steine 
              des Friedhofs an einer zentralen Stelle neu aufgestellt. 
              
              
              
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